Den Wunsch seinen Hörverlust unsichtbarer und vor allem ohne Einschränkungen auszugleichen hat wohl Jeder. Keiner möchte auffallen und Hörgeräte sind in der Gesellschaft scheinbar immer noch nicht akzeptiert. Da wäre es doch perfekt eine kleine Kaffeebohne ins Ohr zu setzen und alles ist wieder so wie früher.
Genau auf dieses Verlangen spielen viele der aktuellen Werbungen von Herstellern und Hörakustikern ab:
- Nahezu Unsichtbar besser hören
Quelle: https://www.starkey.de/hoergeraete/technologien/soundlens-synergy-iq-nahezu-unsichtbare-hoergeraete - So klein, dass sie kaum zu sehen sind
Quelle: https://www.oticon.de/hearing-aid-users/hearing-aids/products/opn-in-the-ear-hearing-aids - fast unsichtbare Hörgeräte
Quelle: https://www.resound.com/de-de/hearing-aids/invisible-hearing-aids - Wieder hören, klein, fein, unauffälig
und viele mehr
Das fast unsichtbare Hörsystem sitzt komplett im Gehörgang. Es handelt sich um eine spezielle Art des idOs („im dem Ohr“-Gerät). Die fachlich korrekte Bezeichnung dieser unsichtbaren Geräte lautet IIC. Das steht für „invisible in canal“ und heißt übersetzt „unsichtbar im Gehörgang“.
Was muss ich bei einem unsichtbaren Hörgerät beachten?
Um ein solches Gerät anfertigen zu können, muss euer Gehörgang demnach genügend Platz bieten, damit die Technik Platz finden kann. Die Stelle an der die Technik Platz finden muss ist zusätzlich enorm begrenzt. Unser Gehörgang ist ca. 3 cm lang. Hiervon liegen nur 1,5 cm im knöchernen Teil. Hier muss das Gerät platziert werden. Ist es länger so drückt es, da es in den flexiblen Teil des Gehörgangs ragt und beim Sprechen oder Lachen im Gehörgang verkantet.
Um euren Gehörgang so tief abbilden zu können reicht es meistens nicht einen digitalen Scan vom Ohr zu machen. Hier muss klassisch eine Abformung mit Silikon bis direkt vor das Trommelfell genommen werden. Das klingt jetzt schlimmer als es ist, glaubt mir euer Hörakustik-Meister bekommt das schon hin. Dennoch ist es anstrengend für euren Gehörgang, weil so tief kommt sonst nichts rein und nicht jeder ist gleich empfindlich. Lasst euch zuvor also gut informieren und besprecht den Ablauf, dann ist das Alles kein Problem.
Erfüllt euer Gehörgang die Anforderungen, so steht dem unsichtbaren Hören eigentlich nichts mehr im Weg. Aber was ist der Kompromiss den man eingeht? Was sind die Unterschiede zum hdO („hinter dem Ohr“-Gerät)?
Was macht dieses kleine Gerät so besonders?
Euer neues unsichtbares IIC gibt es natürlich auch wieder in verschiedenen Komfortstufen. Die meisten Hersteller verbauen in solche Schmuckstücke nur die hochwertigeren Technikstufen, da sich sonst der enorme Produktionsaufwand nicht rechnen würde. Das ist meiner Meinung nach auch total verständlich. Euer IIC wird schließlich auf euren Gehörgang maßgefertigt. Kein IIC ist gleich! Es wird per Hand gebaut und mit einem 3D Programm zuvor geplant. Auch der Aufwand eures Hörakustikers ist enorm. Er bespricht viele Details, wie z.B. die Beschaffenheit eures Ohrgewebes oder wie gut du dich wohl später beim Einsetzen und Herausnehmen anstellen wirst und wie die Bauform des Geräts dich dabei am besten unterstützen kann, mit dem Hersteller. Lass dich also nicht von Rückgabekosten oder sonstigen Vorabzahlungen abschrecken. Hörakustiker, die für dich ein solches Gerät anfertigen machen Ihren Job gut, alleine weil sie individuell auf deine Wünsche eingehen wollen. Ihnen sitzt dennoch die Wirtschaftlichkeit im Nacken.
Gehen wir nun mal vom vollausgestatteten IIC aus. Hier hast du eine natürliche und maximal breitbandige Übertragung deiner Umgebung. Dein Hörverlust kann sehr genau feineingestellt werden. Dein Signal wird von störenden Geräuschen befreit und je nach Programm sogar Sprache hervorgehoben. So und das wars dann auch schon. Moment, wie bitte? Ja, so ein kleines Gerät hat deutlich weniger Technik drin, als sein high end hdO Kollege. Nur eines statt zwei Mikrofone. Dadurch auch keine Richtmikrofontechnik. Keinerlei Funkanbindung, weil wir so tief im Ohr sitzen, dass das Funksignal schädlich wäre, das für eine Verbindung eingesetzt werden müsste. Außerdem ist man über jedes Bauteil, das man weglassen kann froh. Wünscht Ihr euch ein idO mit diesen Funktionen so ist das möglich, versteht mich nicht falsch. Das gibt es, aber in einem IIC findet das beim heutigen Technikstand einfach keinen Platz. Das muss dir bewusst sein. Hier hast du also den Kompromiss. Alles schlecht? Nein! Ganz sicher nicht.
Sitzt das im Ohr Gerät tiefer als 1 cm im Gehörgang so braucht es keine Richtmikrofontechnik um deinen Gesprächspartner zu fokussieren! Deine Ohrmuschel ist ja nicht nur Deko. Wusstest du nicht? Probiere es aus: Klappe deine Ohrmuschel mal ein Stück nach vorne. Was verändert sich? Siehst du. Drückst du Sie oben und unten zusammen ändert sich deine Wahrnehmung auch. Also, das IIC nutzt die natürliche Funktion deiner Ohrmuschel. Das klingt viel natürlicher als bei einem Richtmikrofon. Natürlich hat das IIC seine Grenzen, aber für leichte Hörverluste braucht du nicht mehr Technik, oder?
Mein Fazit
Ich persönlich habe mich gegen unsichtbare Hörgeräte entschieden. Hier meine Gründe:
Diese Punkte waren für mich Grund genug mich für hinter dem Ohr Hörgeräte zu entscheiden. Das kann für jeden aber individuell sein! Sitzen deine idOs allerdings weniger als 1 cm im Gehörgang solltest du prüfen, ob du zwei Mikrofone und somit Richtmikrofontechnik verbaut hast. Sonst ist das, zumindest technisch betrachtet, sicher die schlechteste Lösung.
Möchtest du allerdings einfach nur wieder gut hören ohne den ganzen Rest, sind IIC mit Sicherheit eine sehr individuelle und zufriedenstellende Lösung für dich.
Da es vor allem bei unsichtbaren Hörgeräten enorme Qualitätsunterschiede gibt biete ich dir gerne an mich bei Fragen zu kontaktieren oder, noch besser, für alle hier ein Kommentar zu hinterlassen. Der Traum vom unsichtbaren Hören ist wahr, allerdings nicht ohne Kompromisse! Was meinst du? Wäre ein solches System für dich eine Alternative oder wären dir die Kompromisse doch auch zu groß?
Sehr interessant und aufschlussreich. Fühlt sich das Ohr mit dem IIC dann nicht verstopft an ?
Hallo Patric,
wenn das IIC richtig gefertigt ist spürst du es überhaupt nicht. Es sitzt im knöchernen Teil deines Gehörgangs, hier ist nur noch eine sehr dünne Hautschicht zwischen Hörgerät und Knochen. Wo man weder schwitzt, noch Ohrenschmalz bzw Cerumen gebildet werden kann.
Wie kann ich denn herausfinden ob mein Gehörgang groß genug für so ein Gerät ist
Hallo Ilona Petra,
klassisch wird von deinem Gehörgang eine Abformung mit Silikon bis direkt vor das Trommelfell genommen.
Ich habe auf meinem Instagram Kanal: DieHoerakustikerin ein Video hochgeladen, da kannst du dir anschauen wie ein solcher Abdruck in etwa abläuft.
https://www.instagram.com/p/B19P1fIDsKV/
Hallo,
ich habe heute erfahren, dass ich eine Mitteltonschwerhörigkeit habe – als Logopädin! 🙁 Irgendwie finde ich es interessant nur so ein kleines Gerät zu tragen, vor allem weil die so gut einstellbar sind…ist dem so?
LG Kirsten
Hi Kirsten,
ja, da ein Hörverlust schleichend, also meist langsam über die Zeit kommt, merkt man selbst es überhaupt nicht. Unser Gehörzentrum im Gehirn gewöhnt sich an jede kleine Verschlechterung und wir empfinden das hören immer als „normal“. Wenn der Hörverlust dann stark genug ist merkt man es bei der Verständigung. Etwas tun sollte man aber schon viel früher. Das Gehör verlernt nämlich zu verstehen, wenn die ankommenden Reize weniger werden.
Jetzt zu den kleinen Geräten. Kleine Bauform ist natürlich immer das Ziel. Auch bei hinter dem Ohr Geräten. Bei im Ohr Geräten kommt es stark auf die Größe Deines Gehörgangs an. Wenn viel Platz ist, dann kann mehr Technik verbaut werden. Größere Batterie oder sogar Akku, Bluetooth, ein zweites Mikrofon für Sprachfokus, usw. Ist aber wenig Platz, und das kommt leider häufig vor (auch bei mir) würde man auf viele tolle Funktionen verzichten, die das Tragen von Hörgeräten angenehmer machen. Überleg Dir also vorher ganz genau auf was Du verzichten könntest. Verstecken wollen die meisten nur ihr erstes Hörgerät. Dann plötzlich redet man im Freundeskreis drüber und jeder ist neidisch. So war es damals bei mir 🙂
Schreib mir doch gerne eine Mail, dann können wir gerne auch persönlich sprechen. Wenn Du in der Nähe wohnst gerne persönlich oder auch über Video-Chat, wenn Dir das weiterhelfen würde. Informier Dich auf jeden Fall vor dem Kauf selbst was Du willst.
Grüße,
Johanna